Mein Post hat mit Rassismus nichts zu tun, sowas lasse ich mir nicht unterstellen. Gegen Woke zu sein hat allgemein nichts mit Rassismus oder Intoleranz zu tun, nur so am Rande. Beim Wokeism geht es um das Erzwingen der Diversität in den Medien, indem man bestimmte Minderheiten zwanghaft überall inkludiert, ganz egal ob es sinnvoll oder realistisch ist.
Und für mich ist es eindeutig Woke, wenn zwei offensichtlich unterschiedlich aussehende Völker so dargestellt werden, als wären sie im selben Land beheimatet. So funktioniert höchstens in einer hochglobalisierten Welt, wie wir sie heute haben. Damit solche genetischen Unterschiede überhaupt existieren können, müssen Völker eine lange Zeit in unterschiedlichen Klimazonen isoliert voneinander gelebt haben, das funktioniert also allein deshalb schon nicht. Und schon garnicht in einem Mittelalter-Fantasy Setting. Da wirkt es einfach nur aufgesetzt und Woke.
Es handelt sich hier um ein Fantasy-Setting, dessen Hintergrundgeschichte noch unbekannt ist. Wie lange dauert es denn in einer nicht globalisierten Welt, bis Menschen und Elben in benachbarten Territorien auftreten? Bis ein Witcher gebleichtes Haar und komische Pupillen bekommt? Wie werden aus Zwergen Werwölfe oder "war" das umgekehrt? Und wie schnell verdrängen zwei der genannte eine lilahäutige Urbevölkerung? Länger oder kürzer als der Hintergrund von Pagonia?
Du weißt nichts über die Hintergründe dieses Settings, für das prinzipiell alles denkbar wäre, beschwerst dich aber bereits jetzt über eine "zwanghafte Inklusion" einer "schwarzen Minderheit" in eine "weiße Mehrheit". Da sollte es dich nicht überraschen, wenn diese Einteilung von Humanoiden in Rassen unter Postulation von Eigenschaften mit Rassismus assoziiert wird. Grundlagenlose Kategorisierung und sogar die gleichen Vorurteile sind nun einmal typisch für Rassisten. Wer unvoreingenommen an die Sache rangeht, wartet dagegen ab, welche Erklärung die Entwickler für ihr Szenario liefern. Sollte diese Erklärung nicht plausibel genug sein, kann man immer noch meckern – und zwar entweder über das Szenario, wenn es spieltechnisch schlecht funktioniert,
oder über die nachzubessernde Hintergrundstory. Die ist in einem Fantasy-Szenario schließlich nicht an europäisch-mittelalterliche Vorstellungen gebunden, kann sich also alle benötigten Freiheiten nehmen.
Historisch möchte ich ergänzen, dass die reale Welt bereits zu antiker Zeit "globalisiert" genug war, damit eurasisch geprägte Armeen Krieg gegen zentralasiatische und mittelafrikanische Völker geführt haben und Handel im arabischen Raum. Nordostasiaten fuhren schon vor dem europäischen Mittelalter regelmäßig bis in arabisch und polynesisch geprägte Räume und könnten theoretisch sogar Kontakt mit australisch-aboriginalen Kulturen gehabt haben, Skandinavier begegneten bekanntermaßen während des europäischen Mittelalter nordamerikanischen Ureinwohnern. Das Aufeinandertreffen verschiedener Völker würe also auch in einem historisch korrekten Spiel "funktionieren" und gerade diese Ereignisse bieten interessante Optionen fürs Storytelling. Erneut erinnere ich daran, dass wir hier nur deswegen über dieses Spiel reden, weil in den 90ern mal jemand blashäutige Römer an nubischen Küsten hat stranden lassen.
Damals hat niemand gegen diesen "Wokeismus" geflamed, sondern alle haben sich an einem der besten Spiele seiner wenn nicht aller Zeiten erfreut. Und hoffen darauf, dass sich diese Gelegenheit jetzt wiederholt. Wenn der Fantasy-Anteil dabei diese Möglichkeiten noch etwas überzeichnet oder/und mehrere der oben genannten, seltenen Ereignisse aufeinander treffen lässt – why not? Das ist nun einmal typisch für ein Genre, dessen moderne Popularität maßgeblich damit begann, dass ein Angehöriger einer kleinwüchsigen Humanoiden-Art in einem Tümpel einen eigentlich auf der anderen Seite einer kontinentalen Wasserscheide in einem Fluss verlorenen, magischen Ring eines einer anderen Art angehörigen Magiers findet, der damit Angehörige von drei weiteren Arten versklaven wollte (von denen eine unterschiedliche Hautfarben und eine andere noch weit größere Unterschiede kennt).
Anzumerken wäre noch, dass keine einzige dieser fünf in direkter Nachbarschaft in einem insgesamt nur wenige Wochenritte großem Gebiete lebenden Humanoiden-Arten auf allopatrischem Wege entstanden sein kann und Tokien sogar Genflüsse zwischen einigen von ihnen dokumentiert, es aber dennoch klar herausgebildete Unterarten und sogar explizite Rassen gemäß heutiger Begriffsbedeutung (also gezüchtete Humanoide) gibt. Und die einzigen, die sich bei der Veröffentlichung von Hobbit und Herr der Ringe daran gestört haben, waren klerikale Christen, die Satansanbetung witterten. Alle mit Interesse an Fantasy hätten sich dagegen an den Kopf gefasst, wenn jemand eine Analyse wie die soeben geschrieben verfasst hätte, anstatt einfach das Werk zu genießen. Letzteres plane ich auch mit Pagonia zu tun, wenn es gut wird und es sein zu lassen, wenn nicht – aber Hautfarben werden dabei genausowenig eine Rolle spielen, wie sie das überall anders auch (nicht) tun sollten.