AW: Staatstrojaner: Der Staat hört künftig mehr mit
Das ist schlicht falsch. Woher stammen solche Behauptungen?
Gesunder Menschenverstand? In dem Moment, in dem du die Kommunikation einer Person überwachst, überwachst du die Kommunikation aller Personen, die mit dieser Person kommunizieren. Anders ist es logistisch, technisch und physikalisch gar nicht möglich.
Bei den klassischen Methoden war das verschmerzbar, weil dort normalerweise ein Kanal in Echtzeit überwacht wurde. Telefonierte der Verdächtige mit seiner Oma oder seinem Anwalt oder anderen Personen, die für die Ermittlung nicht relevant sind oder deren Verhältnis zum Verdächtigen besonderen Schutz genießt, wurde dieser Anruf (im Idealfall, aber auch dort sind Überschreitungen bekannt) nicht überwacht und auch nicht mitgeschnitten.
Der sogenannte Staatstrojaner ist aber keine KI und kann dementsprechend nicht differenzieren, sondern schneidet alles mit. Ich wiederhole, das halte ich für problematisch.
Die Gesetze sind eindeutig und auch für jedermann nachzulesen. G10-Gesetz, Strafprozessordnung, alles recherchierbar und die erlauben nun einmal keine Sippenhaft, wie Du insinuierst.
Eventuell solltest du einmal recherchieren, was es mit Sippenhaft auf sich hat, denn mit einer solchen hat das, was ich beschrieb, nicht im Entferntesten zu tun. Die betroffenen Personen werden nicht für ein Vergehen ihrer Verwandtschaft haftbar gemacht, sondern rücken in den Fokus von Ermittlungen, die eventuell dazu führen, dem Verdächtigen ein Vergehen nachzuweisen.
Wenn man schon schiefe Vergleiche ziehen will, hat das eher damit zu tun, die üblichen Verdächtigen zur Befragung einzusammeln - je nach Umfang und Verbindung kann das durchaus angemessen oder überaus unangemessen sein. Nur dass bei den hier besprochenen Ermittlungsmethoden aufgrund der Vielzahl an Daten, die automatisch erfasst werden und die kein Ermittler mehr vollumfänglich sichten, verarbeiten und nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit priorisieren kann, eine deutlich größere Menge kollateraler Betroffenheit und Beifang generiert wird.
Es wird eine verdächtige Person überwacht und damit alle Gespräche, die mit ihr geführt werden. Ein Kontakt zu der Person begründet zunächst aber keine neue Maßnahme zu dessen Lasten. Oh man...
Ich denke, du solltest noch einmal sehr genau lesen, was ich geschrieben habe. Ich mag mich irren, aber mir scheint es so, als ob du hier gerade ein wenig heftig aufgrund selektiv wahrgenommener Reizwörter reagierst.
Grundsätzlich solltest du dir darüber klar sein oder dir darüber klar werden, dass zwischen Gesetzen und Praxis oftmals eine gewaltige Lücke klafft.
Beispielsweise müssen laut Gesetz Betroffene über ihre Erfassung in einer Funkzellenabfrage informiert werden. Tatsächlich unterlassen Staatsanwaltschaften das zumeist. Sogar dann, wenn sie ausdrücklich dazu aufgefordert werden. Argumentiert wird dann mit einem zu hohen Aufwand oder der Vermutung, das die Betroffenen gar nicht an dieser Information interessiert wären.
Bitte auf der Zunge zergehen lassen: Die mit der Verfolgung von Gesetzesverstößen beauftrage Institution verstößt gegen das Gesetz, weil dessen Befolgung zu viel Aufwand bedeutet oder sie vermuten, dass der Bürger an der Befolgung nicht interessiert wäre. Falls du in einer Strafsache vor Gericht stehen solltest, was ich dir ebenso wenig wünsche wie mir, kannst du ja mal versuchen damit zu argumentieren, dass es dir zu aufwändig war, gesetzlich zu handeln und/oder du davon ausgegangen bist, dass der Geschädigte nicht so unbedingt Wert darauf gelegt hat, durch Gesetze geschützt zu werden.
Bevor die guten Leute nicht in der Lage sind, mit den Werkzeugen ordnungsgemäß umzugehen, die sie bereits zur Verfügung haben, dürfte man ihnen eigentlich keine weiteren und ungleich mächtigeren in die Hand geben. Man beachte dabei, dass es selbst bei uralten Mittel der Durchsuchung immer wieder zu Unregelmäßigkeiten, Rechtsbeugungen oder klaren Rechtsverstößen kommt. Bevor also die Pferde neue Hufeisen bekommen, müsste man vielleicht erst einmal den Stall ausmisten.