AW: Studium überflüssig oder unnötig ?
Hi zusammen
Gerade habe ich auf YT ein Video gefunden von jemandem der behauptet das man in Japan nicht unbedingt nötig ist eine Uni zu besuchen um einen Job zu bekommen. Auch andere Personen die er fragt bestätigen dies, es gibt aber auch manche die ihm nicht zustimmen. Wie seht ihr das?
Eines vorweg: Es ist natürlich nicht notwendig studiert zu haben, um einen guten und gutbezahlten Job zu bekommen. Allerdings sind die Chancen mit abgeschlossenem Studium um einiges höher.
Ok, nun zum Video:
Es ist nur seine Meinung, und man findet garantiert gegenteilige Meinungen dazu.
1.) Job
Natürlich ist ein Abschluss nicht unbedingt eine sofortige Jobgarantie, aber auch da kommt es auf das Studium selbst an.
Freunde von mir studieren an der Montanuniversität Leoben, Werkstoffe, Petrochemie, Kunststofftechnik etc, die bekommen nach dem Studium garantiert einen Job. Perfekte Überleitung zu seinem zweiten Punkt.
2.) Networking
Und da so gut wie alle, die in den einschlägigen Firmen, die Absolventen der Montanuni aufnehmen selbst auf die Montanuni gegangen sind, hat man da quasi schon ein Network das später extrem nützlich ist.
Das ist vielleicht ein Extrembeispiel, aber während des Studiums kann man sich sicher ein gewisses Network aufbauen. Da geht auch ohne, ja, aber das macht es nicht leichter.
Beim mit dem "out of your comfort zone" hat er sicher nicht unrecht, und viele denken zu beschränkt. Aber auch das kann man mit der Zeit lernen. Und viele lernen genau dieses kreativere, weltoffene Denken im Studium, durch Auslandssemester etc.
Dazu muss man auch seinen kulturellen Kontext in Betracht ziehen: Japan ist völlig anders als unser mitteleuropäisches System.
Dort ist es in der Schule quasi Usus, dass der Lehrer vorne genau vorgibt was zu tun ist, es gibt relativ wenig Freiraum für Kreativität im Unterricht.
In einem Proseminar haben mir das zwei Japanerinnen bestätigt. Bei uns ist der Umgang viel lockerer, der Schüler hat viel mehr Freiraum. Würdest du Schüler fragen: "So, heute dürft ihr ein Thema aussuchen das euch interessiert", dann würden sie völlig verwundert sein, denn sowas gibt es dort kaum. Bei uns hat sich hier relativ viel verändert (es ist lange nicht perfekt, keine Frage), mehr schülerzentriert als lehrerzentriert was den Unterricht anbelangt.
Es kann sein das in Japan die Uni nicht so wichtig ist, stattdessen wird eine Sprachschule empfohlen um sich mit den Umgangsformen und allem was man für den Alltag braucht bekannt zu machen. Seine Gründe warum ein besuch ander Uni oder Hochschule nicht lohnt sind folgende 3:
- Arbeit, man brauche keinen Uniabschluss um eine Stelle zu finden, weil man keine Garantie hat eine Stelle zu bekommen
- Netzwerk, man lernt zwar viele Leute kennen aber der Arbeitsplatz sei anders
- Fähigkeiten, lieber sich spezialisieren weil man eh nicht alles braucht was man lernt.
Ich würde sagen das er Recht hat auch wenn ich bis jetzt nur eine Lehre vorzuweisen habe, so gut wie alles was ich damals gelernt habe war für umsonst! Es war eine Lehre in der Logistik und nachdem ich die abgeschlossen hatte und eine Stelle woanders bekommen hatte, merkte ich das mein Wissen gar nicht gebraucht wird. Andere haben die selbe Arbeit für den selben Lohn gemacht, OHNE die Ausbildung wie ich gemacht zu haben. Mit anderen Worten; meine Lehre war UMSONST!
Vergiss nicht dass Japan seit langer Zeit in einer Wirtschaftskrise steckt.
So, nun zu den Fähigkeiten: Ja, mich nervt es auch extrem wenn ich ziemlich viel lernen muss, weil ich das meiste sowieso bald wieder vergessen habe. Allerdings greift der Gedanke zu kurz: Irgendwann wird dir dieses Wissen nämlich wieder etwas nützen. Du musst es nicht perfekt beherrschen oder wiedergeben können, aber vermutlich kennst du diesen Gedanken "ah, das habe ich schonmal gehört/gelesen".
Außerdem gibt es noch etwas das beim Lernen interessant ist, das nennt sich das Exemplarische Prinzip.
Kleine Beispiele:
-Du lernst wie man einen Brief an einen Freund schreibt. Allerdings lernst du dann noch etwas, was über die eigentliche, unmittelbare Aufgabe (Brief an Freund) hinausgeht, nämlich generell etwas darüber wie man Briefe verfasst, das spezielle Layout, Absender, Grußformel etc.
-Du lernst, wie man Maschine A bedient, gleichzeitig lernst du auch etwas generell wie man Maschinen bedient, etwa Sicherheitsvorkehrungen. Das musst du bei Maschine B dann nicht mehr von Grund auf lernen.
Verstehst du was ich meine?
-Ein Kind soll ein Wort im Wörterbuch suchen, damit es weiß, wie es geschrieben wird. Gleichzeitig lernt das Kind dann, wie man da vorgeht und kann dieses Wissen dann später anwenden.
Man lernt nie nur etwas vollkommen isoliert. Man kann das erworbene Wissen dann auch auf andere Gebiete/Probleme anwenden, und darauf kommt es an.
Hätte nicht gedacht das ein Studium so ist, dachte an viel mehr als nur Theorie, aus irgendeinen Grund muss ein Studium oft auf den Anforderungen der Arbeitgeber stehen für gewisse Jobs, leider erstellen solche Stelleninserate oft von Personalchefs die kaum Ahnung vom Beruf haben außer ihrem eigenen.
Und wo genau kann man denn eine Höhere Ausbildung machen wenn nicht ander Uni? Hochschule?
Als Student der Geisteswissenschaften mag ich es nicht wenn so abschätzig über Theorie gesprochen wird^^ Ich kann diese Einstellung aber schon verstehen, aber deswegen wird es nicht richtiger.
Klar bestehen viele Studien zu nicht unwesentlichen Teilen aus Theorie, aber das ist oft einfach notwendig. Theorie gibt Spielraum, Raum für Fehler, den hast du in der Praxis oftmals nicht.
Dass das Studium selbst weitaus abwechslungsreicher sein kann als nur Theorie, das ist auch klar