Erfahrung mit Mainboards von Mitac, DFI und AAEON

M-Sey

Kabelverknoter(in)
Guten Abend zusammen,
Bei der Suche nach möglichst flachen ITX-Mainboards, sogenannten "Thin-Mini-ITX" Mainboards für einen Laptop-Selbstbau bin ich - neben den etablierten Herstellern, welche in der Richtung (mit Ausnahme von Gigabyte) eher wenig Modelle im Sortiment haben - über die Hersteller Mitac, DFI und AAEON gestolpert. Diese bieten in diesem Formfaktor eine relativ große Auswahl an, jedoch findet man - mit Ausnahme des Herstellers DFI - relativ wenig zu diesen Boards.

Daher würde ich gerne Wissen, wie diese Hersteller und ihre Mainboards generell einzuschätzen sind. Bei allen Dreien handelt es sich um Hersteller, welche keine klassischen Consumer-Mainboards, sondern ausschließlich Industrie- und Servermainboards herstellen.

Was ich bereits heraus gefunden habe:
Bei allen 3 Herstellern handelt es sich (wie auch bei den im Consumerbereich bekannten Herstellern) um taiwanesische Hersteller. Die beiden Hersteller DFI ( https://de.wikipedia.org/wiki/DFI_(Unternehmen) ) und Mitac (https://de.wikipedia.org/wiki/MiTAC) sind Anfang der 80er Jahre gegründet worden (DFI 1981, Mitac 1982) und somit einige Jahre länger am Markt, als Gigabyte, MSI (beide 1986) oder Asus (1989). AAEON (https://de.wikipedia.org/wiki/Aaeon) wurde 1992 gegründet und gehört seit 2011 zum Mutterkonzern von Asus (Asustek). Ein Sonderfall ist DFI: Die haben wohl früher auch sehr erfolgreich Gaming-Mainboards hergestellt (siehe: https://www.pcgameshardware.de/Main...n-Mainboard-Herstellern-auf-der-Spur-1078154/), das Privatkundengeschäft jedoch 2010 eingestellt. Im Server- und Industriebereich ist DFI jedoch nach wie vor aktiv.


Dazu folgende Fragen:
1.) Wie sieht es mit der Verarbeitungsqualität und insbesondere mit der Langlebigkeit von diesen Boards (unter anderem im Vergleich zu den Consumer-Mainboards von Gigabyte, MSI, Asus und AsRock) aus?

Ich persönlich würde davon ausgehen, dass die Boards eine bessere Verarbeitung aufweisen: Geht im privaten Gaming-Rechner das Mainboard kaputt, dann ist das für den Nutzer und sofern dies innerhalb der Garantie passiert auch für den Hersteller ärgerlich, jedoch kein "Weltuntergang". Treten Defekte jedoch bei irgendwelchen Servern oder Industrie-PCs auf, ist der Schaden in der Regel um ein Vielfaches größer und der Hersteller sieht sich gegebenenfalls mit Schadensersatzforderungen konfrontiert.

Auf der anderen Seite sind auf den Produktfotos von z.B. Mitac die Bauteile teilweise schief und krumm. Man achte hier https://download.mitacmct.com/Files/images/IndustriaMB/PH12CMI-b.jpg zum Beispiel auf die Induktivitäten der Spannungsversorgung.

Das hat man allerdings auch bei den Consumer-Mainboards.
Bei Gigabyte unterscheidet sich die Verarbeitungsqualität teilweise bei Boards der gleichen Serie erheblich. Hatte hier eins, welches aussah, als ob ein Lötanfänger die SMD-Bauteile auf die Platine gelötet hat. Die waren schief und krumm und von den 4 Induktivitäten der Spannungsversorgung (in diesem Fall keine SMD-Bauteile, sondern THT zum durchstecken) lagen nur 3 auf der Platine auf, bei der 4. war zwischen Platine und Unterseite der Induktivität (auf der zu der CPU gerichteten Seite) 1 mm Platz, sodass der Kühlkörper der CPU mit dieser kollidiert wäre (siehe dazu das angehängte Foto).
Bei dem anderen Board war jedoch absolut nichts zu beanstanden. Zwar waren auch dort einige SMD-Widerstände/Kondensatoren leicht schief, abgesehen davon war die verarbeitung jedoch gut. Einzig die 1-Reihigen Platinensteckverbinder waren zum Teil schief, was sich jedoch bei den Dingern nicht wirklich vermeiden lässt, weil die Auflagefläche auf der Leiterplatte relativ schmal ist.

Bei einem Asus-Board waren SMD-Kondensatoren so schief gelötet, dass sich bei zwei benachbarten Kondensatoren die Kontakte berührt haben (siehe Foto). Dies ist allerdings in diesem Fall aus elektrischer Sicht kein Problem gewesen, da es sich um Kondensatoren gehandelt hat, welche zur Kapazitätserhöhung eh parallel geschaltet waren. Trotzdem ist das nicht schön und lässt einen irgendwie an der Verarbeitungsqualität zweifeln.


2.) Lassen sich diese Boards (welche ja eigentlich nicht für den Betrieb in klassischen Desktop-Systemen konzipiert sind) auch ohne Einschränkungen für einen Dektop-Office PC oder (selbstgebauten) Laptop nutzen oder gibt es da Einschränkungen?
Viele dieser Boards haben ja Q-Chipsätze, welche primär für den Einsatz im Serverbereich vorgesehen sind. Nichtsdestotrotz sind die ja vom Funktionsumfang her sogar umfangreicher, als die meisten "Consumer-Chipsätze" und haben viele Zusatzfunktionen.

Häufig kommt es jedoch zu einer Einschränkung auf bestimmte Prozessormodelle. So sind viele Industrie-Boards nur für CPUs mit TDPs bis 65W zugelassen und es werden z.B. i9-CPUs ausgeschlossen (auch, wenn diese die gleiche Kernanzahl, wie ihr i7-Äquivalent haben und aufgrund eines fehlenden Multiplikators auch nur eine TDP von 65W (oder 35W, wenn es sich um ein T-Modell handelt) haben).

Außerdem habe ich in der Bedienungsanleitung für ein AAEON-Mainboard gelesen, dass die USB 3.2 Gen2-Anschlüsse auf der Rückseite nur zur Datenübertragung gedacht sind (siehe Bild).

Vielen Dank schon mal im Voraus!
Würde mich sowohl über hilfreiche Antworten, als auch über Diskussionen, Ideen und Anregungen freuen.
 

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Industrie Boards sind gut genug für das wofür sie gemacht wurden. Also eines wo 65W TDP drauf steht kann halt genau die und nicht mehr. Da gibt es nirgendwo extra Phasen falls der User meint die CPU ausserhalb der Spec (das können auch längere Boost Zeiten und höheres Power Target oder auch nur höherer Ram-Takt sein, nicht zwingend drehen am Multi) betreiben zu wollen. Auch HDMI wird/wurde gerne Mal weg gelassen weil DP das ja auch alles kann und im Gegensatz zu HDMI keine Lizenzkosten hat.
Bessere Specs findest du in der Regel bei den Consumer Boards.

Bild via USB-C ist übrigens ein typisches NB-Feature was sich auf quasi keinem gesockelten Mainboard findet. Ich glaube ASRock hatte letztens eine TB-Erweiterungskarte vorgestellt welche auch die Möglichkeit zum einspeisen eines Bildsignals bietet.

Und ja, DFI hat früher wirklich geniale OC-Boards gebaut welche aber auch aufgrund zunehmender Komplexität der Bios-Optionen von den eher One-Click OC orientierten "Gamer-Boards" verdrängt wurden.
 
Asrock und Asus haben in der Z590-Generation bei den Thunderbolt-Modellen die ersten, die die Typ-C auch für Bildausgabe nutzen. Exemplare, mit Eingängen, über die sich ein Bild durchschleifen lässt, gab es schon länger und für Erweiterungskarten ist das sogar seit jeher Standard. Aber bei USB-Typ-A-Anschlüssen stellt sich die Frage gar nicht erst, die haben überhaupt nicht die nötige Kontaktzahl geschweige denn eine Spezifikation für DP alternate mode.

Ansonsten zur Eignung: Q-PCHs entsprechen weitestgehend den H-Modellen aus der gleichen Generation, sind aber für vPro freigeschaltet. Außer beim Kaufpreis sollte das nicht stören, wenn man es nicht nutzt. Allgemein achten Industrieboards nicht auf die Optik, was zum Teil offensichtlich auch die nicht-Beachtung einer technisch irrelevanten, gleichmäßigen Ausrichtung von THT-Komponenten umfasst und bieten wenig abseits dessen, was exakt spezifiziert wurde. In der Regel auch keine UEFI-Optionen zum Betrieb der CPU abseits von "auto"!

Bei der Qualität würde ich abseits explizieter embedded-Modelle mit entsprechenden Garantien keine Unterschiede zum Desktop erwarten. In keinem von beiden Märkten will man seine Kunden mit Ausfällen oder hohen Preisen verärgern.
 
Vielen Dank für die schnellen und wirklich hilfreichen Antworten!

Das die Spannungsversorgung bei Industrie-Boards (im Gegensatz zu Consumer-Boards) so knapp kalkuliert ist, hätte ich jetzt nicht erwartet. Ich war jetzt eigentlich davon ausgegangen, dass die Spannungswandler ähnlich wie bei Consumer-Mainboards dimensioniert sind, man jedoch aus Gründen der Aufallsicherheit und Zuverlässigkeit vorsichtshalber die TDP begrenzt.

Das Q-Chipsätze ein bisschen teurer sind, ist nicht weiter schlimm, solange ich da keine Einschränkungen habe. Bei den Thin-Mini-ITX.Boards hat man leider nur die Wahl zwischen H110, H310, H410 usw. oder halt den Q-Chipsätzen. Bei den H-Chipsätzen ist der Chipsatz jedoch bei H310 und H110 nur über DMI 2.0 angebunden, wodurch die halt mehr oder weniger schon ausscheiden. Dann bleiben halt nur noch die Q-Chipsätze.

Die Optik (und Ausrichtung von THT-Bauelementen) ist nicht so wichtig (auch wenn das halt dadurch ein bisschen chaotisch wirkt). Geht mir da eher um technisch relevante Verarbeitungs-"Mängel", wie die Induktivität auf dem Gigabyte-Mainboard oder der SMD-Kondensator auf dem Asus-Mainbaord.

"keine UEFI-Optionen zum Betrieb der CPU abseits von "auto" " heißt, dass man auch beim "Long Duration Power Limit" keine Möglichkeit hat, die Leistungsaufnahme der CPU manuell zu begrenzen?



Wie sieht das eigentlich im Allgemeinen mit der TDP aus?
In dem Artikel https://www.pcgameshardware.de/Main...ake-95-W-TDP-Limit-gegen-Ueberhitzen-1244436/ hast du ja eine Anleitung erstellt, wie man die Leistungsaufnahme der CPU über das "Long Duration Power Limit" auf die TDP der CPU begrenzen kann (95W bei K-CPUs, 65W bei "non-K" und 35W bei T-CPUs).
Eine Frage ist hier allerdings offen geblieben: Kann ich das "Long Duration Power Limit" auch auf eine Leistung unterhalb der von Intel spezifizierten TDP einstellen, oder wird die CPU da instabil?

Der Gedanke dahinter ist folgender:
- Kaufe ich mir eine T-CPU, so habe ich zwar beim Einstellen des "Long Duration Power Limit" auf 35W eine sparsame, effiziente CPU, jedoch habe ich - aufgrund des (im Vergleich zu den normalen "non-K"-CPUs) niedrigeren Turbo-Taktes - keine Leistungsreserven, sofern ich diese in Zukunft mal benötigen sollte. Ich kaufe mir also eine nach oben hin limitierte CPU.
- Könnte ich bei jeder beliebigen CPU ein "Long Duration Power Limit" unterhalb der von Intel spezifizierten TDP einstellen, so könnte ich mir eine "non-K"-CPU kaufen, das "Long Duration Power Limit" ebenfalls auf 35W einstellen und diese so mit einer gleichen Leistungsaufnahme, wie das "T-Modell" betreiben. Sollte ich für irgendwelche Spiele in Zukunft eine höhere Taktrate auf einem Kern benötigen, so habe ich die Möglichkeit dieses Power-Limit zu deaktivieren.
 
Die Spannungswandler auf Consumer-Mainboards sind meist grandios überdimensioniert. Um mal ein Extrembeispiel zu nennen: Asus hat beim X570 Dark Hero gegenüber dem normalen die maximale Leistungsfähigkeit innerhalb der Spezifikationen von 1.300 W auf 2.000 W gesteigert. Für eine Plattform, deren leistungshungrigsten CPUs mit 105 W TDP spezifziert sind. Selbst in der Desktop-Mittelklasse hat man nicht selten Reserven von >>100 Prozent und die wenigen Platinen, die ich im Einsteigerbereich getestet habe, waren in der Regel auch nicht elektrisch, sondern wegen mangelnder Kühlung und Effizienz thermisch am Limit.
Embedded-Systeme dagegen legen meist extremen Wert auf die Effizienz. Bei 24/7-Betrieb kostet Strom schließlich Geld und in einem System, in dem die CPU der einzige größere Verbraucher ist, machen 10 Prozent mehr oder weniger Abwärme an den Wandlern auch bei der Gesamtkühlung einen Unterschied. Deswegen findet man auf professionellen Platinen meist stark auf die nominellen Leistung optimierte Schaltungen, investiert wird viel in Qualität aber nichts in Überdimensionierung. Die kostet nämlich bei gleicher Qualität sogar Effizienz. Natürlich kann man solche hochwertigen Bauteile auch etwas überlasten, aber insbesondere die Kühung muss man im Auge behalten, denn solche Platinen gehen in der Regel auch von einem Boxed-Kühler und somit viel Airflow an den Wandlern aus.

Die Fragen zu den Settings solltest du direkt an den Board-Hersteller richten. Einstellmöglichkeiten können sich schon zwischen UEFI-Versionen oder, bei professionellen Produkten realistischer, zwischen Board-Revisionen ändern. Da in einem Gaming-Forum bestenfalls mal jemand eine Platine vom gleichen Hersteller, aber nicht die exakt gesuchte gesehen hat, wird dir das hier niemand beantworten können. Eine cTDP-Option halte ich noch für relativ wahrscheinlich, aber beispielsweise Vcore-Einstellungen für Undervolting dürften bei vielen Embedded-Platinen fehlen.

Zu den PCHs: Intel selbst vermarktet die Hx10 nicht als Teil der Desktop-, sondern zusammen mit den Q-Modellen als Teil der Business-Sparte. Von daher nachvollziehbar, dass dir dies Baureihen gehäuft angeboten werden. Ausstattungsmäßig ist von den Hx10 aber ganz klar abzuraten. Weniger wegen DMI, sondern weil es auch im Downstream unterhalb des H410 nur 2.0 gibt und selbst H410 und H510 sowenig Lanes und USB-Anschlüsse hat, das schon USB 3.1 und eine ×4-M.2-SSD gleichzeitig das absolute Limit darstellen bzw. auf den meisten Platinen wegen abweichender Prioritäten nicht möglich sind.

 
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