AW: EuGH: Familien sind kein Haftungsauschluss für Filesharing
Das ist völlig inkonsistent mit der bestehenden Rechtslage.
Glasklare Analogie
Eine glasklare Analogie zu diesem Fall sind die Bestimmungen zur WLAN-Bereitstellung. Wenn ich mich nicht täusche, muss im Falle einer Urheberrechtsverletzung der Bereitsteller nur Maßnahmen ergreifen, die die unrechtmäßige Nutzung in der Folge unterbinden.
Analog dazu ist hier die Person des Anschlussinhabers die selbe, die Dritten, die den Netzzugang verwenden, haben die zusätzliche Eigenschaft, dass sie dem Anschlussinhaber bekannt sind und mit ihm verwandt sind.
Geringere Verantwortlichkeit des Anschlussinhabers
Diese besonderen Eigenschaften führen im Bezug auf den Anschlussinhaber dazu, dass dieser
1. diesen Personen ein natürliches Vertrauen entgegenbringt .
2. ein besonderes Interesse hat, den Personen den Anschluss zur Verfügung zu stellen.
3. durch die Kenntnis der Personen über besonders vielseitige Möglichkeiten verfügt, einen Urheberrechtsverstoß in Zukunft zu unterbinden.
Folglich ist ihm ein geringeres Maß an Verantwortlichkeit im Bezug auf die Urheberrechtsverletzung durch die Bereitstellung zuzusprechen, als Personen, die unbekannten ihren Anschluss bereitstellen und darüberhinaus stehen ihm ganz besonders die nötigen Mittel bereit, die Rechte der Urheber zu vertreten, wie es im Fall der WLAN-Nutzung gedacht wäre.
Deutliche Beeinträchtigung der Grundrechte
Durch die unweigerliche Verbindung der Personen im Kreis der Familie könnte das Aufbürden einer kollektiven Verantwortlichkeit (vgl. Kollektivbestrafung, aufgrund des zu erwartenden finanziellen Schadens) zu einer erheblichen Beeinträchtigung der familiären Integrität führen.
Und daraus würde folglich resultieren, dass jede einzelne Person der Gruppe ebenfalls angegriffen wäre. Der Urheberrechtsverletzer gleichsam wie der unschuldige Rest.
Da eine völlig unbekannte Person, bei einer hypothetischen WLAN-Nutzung des gleichen Anschlusses, theoretisch komplett ohne belangt zu werden, davon käme, und auch kein Schuldgefühl gegenüber dem Anschlussinhaber empfände, wäre bei einer Fehlentscheidung nicht nur der besondere Schutz der Familie gem. Art. 6 I GG in hohem Maße beeinträchtigt, sondern auch die Gleichheit vor dem Gesetz (Art. 3 GG) und es würde eine unrechtmäßige Benachteiligung aufgrund der Abstammung stattfinden (Art. 3 III GG), weil die Familienmitglieder genau deshalb mittelbar belangt würden, weil sie kein unbekannter dritter sind, sondern aus dem Schoß der zugrundeliegenden Familie entsprangen.
Umgehungsmöglichkeiten
Besonders absurd erscheint die Ansicht, wenn man die Folgen eines Urteils gegen den Anschlussinhaber bedenkt, das die Haftung bestätigt. Denn das würde bedeuten, dass sich die Familienmitglieder lediglich als unbekannte Dritte gerieren müssten, um die Haftung eines Familienmitglieds effektiv zu verhindern.
Besonders verwerflich ist die Aufwägung des Interesses des Urhebers gegenüber dem Interesse des Familienschutzes und des Schutzes individueller Personen. Hätte der Zugangsbereitsteller lediglich die Pflicht, künftige Urheberrechtsverletzungen zu unterbinden, würde dies den Rechteinhaber ebenfalls schützen. Dass dies ein geeignetes Mittel darstellt, ist durch die Handhabung im Fall einer Urheberrechtsverletzung per WLAN durch unbekannte Dritte bereits bewiesen.
Rechtliche Inkonsistenzen haben in Deutschland weitreichende Folgen
Die Menschen mehrfach und wiederholt geäußert, dass sie mit der politischen Lage unzufrieden sind, viele sprechen staatlichen Institutionen bereits ihre Legitimität ab. Nicht zuletzt haben auch Gerichte mit fragwürdigen Entscheidungen zum Vertrauensverlust beigetragen.
Sollte es zwischen der WLAN-Nutzung durch Unbekannte und der Bereitstellung des Internetzugangs der Familie zu einer weiteren, fragwürdigen Entscheidung kommen, wäre es ein weiteres Fragment Salz, das in die klaffende Wunde gestreut wird.
Es würde den Anschein erwecken, dass die Rechtsprechung zur Verbreitung der WLAN-Hotspots das Recht in die eine, und zum Schutz der Urheber in anderen Fällen, die die WLAN-Verbreitung nicht fördern, in die andere. Richtung verböge.
Das ist einfach meine Meinung dazu, auf Grundlage meines derzeitigen Wissensstands über das Thema.
Edit: Bei Heise habe ich mittlerweile folgendes Zitat des EuGH gelesen:
An einem solchen Gleichgewicht fehlt es, wenn den Familienmitgliedern des Inhabers eines Internetanschlusses, über den Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing begangen wurden, ein quasi absoluter Schutz gewährt wird
Da ein absoluter Schutz auch nicht gewährt würde, wenn er in Zukunft Urheberrechtsverletzungen durch technische Maßnahmen zu verhindern versuchen müsste, relativiert sich natürlich das Urteil wieder massiv. Es steht somit eben nicht im Widerspruch zur WLAN-Nutzung durch Dritte und auch in keinem Widerspruch zu dem, was ich dazu geschrieben habe. Das war mir zu dem Zeitpunkt nicht klar. Letztlich kommt es darauf an, welche Schlüsse aus dem Urteil gezogen werden und welche Auswirkungen das im Bezug auf konkrete Fälle hat.