Nun, die meisten die Drecksäcke in der Jugend sind, bleiben es auch bis ins hohe Alter, die, die sich wirklich verändern, sind meiner Erfahrung nach selten und, wenn mein Vater gesagt hätte ich soll nichts in Brand stecken und wenigstens keinen tot schlagen, nun ja, muss ich das wirklich ausführen? Ich denke nicht, vielleicht bist ja einer der wenigen die ihr Leben wieder unter Kontrolle gebracht haben.
Die Frage ist eben, ob man bereits ein "Drecksack" ist, wenn man im entsprechenden Alter ein wenig wilder ist als die oftmals viel zu sehr gepamperte und gehelikopterte Jugend von heute, also das andere Extrem. Dass es Jugendliche gibt, die sich gar nicht im Griff haben und welche, die Schneeflöckchen sind, ist ein weiteres Symptom einer immer stärker werden gesellschaftlichen Kluft. Idealerweise müssten die Einen etwas ruhiger und die Anderen etwas wilder werden, um wieder ein gesundes Maß zu bekommen.
Zum Vergleich: Wir waren nach deinem Verständnis (und auch meinem heutigen) ziemlich ungehobelt, aber wir haben niemals unprovoziert Leute angegriffen, mit denen es keine stillschweigende Übereinkunft darüber gab, dass die körperliche Auseinandersetzung gewünscht war. Wir haben auch keine Rettungskräfte attackiert und bei der Arbeit behindert, nicht randaliert oder Privateigentum zerstört. Wir wussten noch, dass ein Streit spätestens dann beendet ist, wenn jemand am Boden liegt und wären nie auf den Gedanken gekommen, Pfefferspray, Messer, Totschläger oder Schreckschusswaffen mit uns zu führen. Mit demjenigen, mit dem man am Sonntagabend vor der Disco aneinander geriet, hat man am Sonntag schon wieder Fußball gespielt, und zwar sportlich fair und ohne "Nachspiel" neben dem Platz oder gar in der Umkleide.
Kurz, was wir gemacht haben, war "Der Krieg der Knöpfe" für Heranwachsende. Das genügt vielleicht trotzdem, um besonders Zartbesaitete zu verschrecken, aber ob man deswegen ein Drecksack ist?
Analog dazu die Eskalation, um die es hier geht: Ohne Frage, die Aktion war dumm, lächerlich und überflüssig; außerdem mit ein paar Szenen, die mir schon damals aufgestoßen wären: Steine werfen? Jungen attackieren Mädchen (Gleichberechtigung hin oder her, das ist nicht die selbe Gewichtsklasse ...)? Auseinandersetzung mit der Polizei?
Aber: Das Ganze ist dennoch unterscheidbar davon, wenn ein Mob Leute wegen ihrer Hautfarbe durch die Innenstadt hetzt (Oder meinetwegen unter Gewaltandrohung zur schnelleren Gangart motiviert, wenn man es nicht Hetzjagd nennen darf ...), Flüchtlingsheime und Obdachlose anzündet, Senioren und Jugendliche auf dem Bahnsteig zu Tode prügelt, Flaschen auf Feuerwehrleute und Sanitäter wirft etc..
Wenn die Trennlinie zwischen - auch eskaliertem - jugendlichem Leichtsinn und gänzlich fehlender Sozialisation verwischt und außerdem noch rassistische Vorbehalte ins Spiel kommen, ist das ein Problem, dass ich für größer halte als ein paar Idioten, die sich grob daneben benommen haben. Jugendliche Idioten können noch zu Verstand kommen, aber ideologisch gefestigte Idioten? Das hat tatsächlich Seltenheitswert.