Kommt drauf an, was man von so einem Party-RPG erwartet...
Vom (Kampf-)Gameplay her ist das Ganze ein klarer Rückschritt von DA: Origins imho. DA2 war ein komplett anderes Spiel in Punkto Gameplay (Action-RPG mit KI-Begleitern statt klassischem Taktik-RPG) und Inquisition schlägt in die gleiche Kerbe, obwohl man jetzt wieder mehr Partysteuerung ermöglicht bzw. erleichtert. An die taktische Tiefe von Origins (oder gar BG2/IWD oder - man mag es kaum ansprechen - rundenbasierter Taktikperlen wie Divinity Original Sin) reicht Inquisition aber laut dem, was ich so gelesen habe, bei Weitem nicht ran. Für mich klingt das eher so, als hätte man das Gameplay noch mehr an gängige "modern" Action-RPGs angepasst (siehe aktives Zuschlagen, Schießen usw) aber zusätzlich dazu dem ganzen noch etwas "taktische Würze" gegeben mit der Taktikkamera. Von einem taktischen Spiel kann man hier aber imo kaum sprechen. Eher von einem Action-RPG mit taktischen Elementen...
Fassen wir mal zusammen:
- taktische Kamera ist störrisch und der Zoom ist alles andere als optimal, vor allem in Dungeons und Gebäuden, wo man kaum rauszoomen darf
- taktische Kamera ist unübersichtlich, vor allem in großen Kämpfen mit vielen Effekten
- Kamera macht es teilweise schwierig die richtigen Gegner auszuwählen, vor allem wenn unterschiedliche Höhenlevels im Spiel sind
- AI der Gefährten ist mangelhaft, vor allem wenn man Friendly Fire ausschalten (akute Selbstmordgefahr...)
- AI-Taktiken der Gefährten sind von einem üblen "Downgrade" betroffen mit weit weniger taktischen Optionen und Genauigkeit
- man darf keine Statpunkte an Gefährten verteilen (damit ist Inquisition auch imo kein CRPG mehr leider...)
- Talente sind grundsätzlich nützlich, aber deren Anzahl und Vielfalt wurde im Vergleich zu Origins extrem reduziert (eher DA2 Niveau)
Alles in allem kann man das Gameplay im besten Falle als "extrem gestreamlined" bezeichnen (sprich: so unkompliziert und anwenderfreundlich wie möglich), im schlechtesten Falle schlicht als "extrem downgegraded" (sprich: so seicht und "linear" wie möglich, ohne Gefahr einzugehen, den Spieler mit zu vielen Freiheiten und Optionen zu überfordern...).
Dass das Spiel von Konsolenseiten gefeiert wird, wundert mich nicht. Auf den Konsolen hat sich RPG-technisch ja auch wenig getan in den letzten Monaten und Jahren, da kann DA:Inquisition als tpyischer Actiontitel groß auftrumpfen. Auf dem PC hingegen ist die Situation eine ganz andere. Da haben Spiele wie Divinity Original Sin die Gameplayschwächen von Inquisition gnadenlos aufgezeigt und mit Wasteland 2, Pillars of Eternity usw. ist die Konkurrenzsituation und die Vergleichbarkeit im "Party RPG Genre" eine ganz andere. Hier kann DA Inquisition imo fast nur mit der Story und den üblichen Charakterinteraktionen ala Bioware überzeugen, natürlich alles schön inszeniert und präsentiert, dem Geld von EA sei Dank.
Und klar, das ist nur meine eigene Meinung als PC RPGler alter Schule. Jüngere Generationen an Spielern, denen schon Origins zu "langsam" war, werden mit Inquisition viel Spaß haben und es vlt tatsächlich als "bestes RPG der letzten Jahre" bezeichnen. Ich meine, teilen und herrschen und jedem das seine usw. Wir alle haben unsere Präferenzen.
Ich werde Inquisition auch spielen und wahrscheinlich viel Spaß haben. Schade nur, dass man gameplaytechnisch so viel Potenzial (wieder mal) verschenkt hat und es im Kern (wieder nur) ein Konsolen-RPG geworden ist. Klar, das war zwar zu erwarten, aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
Und so warte ich weiter auf ein modernes CRPG, das das ein charakterbasiertes Storytelling mit moderner Präsentation und Optik ala Bioware mit dem taktischen Gameplay und der spielerischen Tiefes eines Divinity Original Sin verknüpft. Denn das wäre imho wirklich das optimale Party-RPG/CRPG der letzten Jahre bzw. des Jahrzehnts. So bleibt nur die Erkenntnis, dass man zwar etwas aus DA2 gelernt hat, aber nicht die Größe, den Mut oder den Willen hatte, Origins gameplaytechnisch zu übertrumpfen...