Einfaches OCing von Sandy Bridge K-Prozessoren
Moinmoin,
da immer wieder Leute nachfragen, wie man denn nun einen i7-2600k übertaktet, habe ich mich entschlossen, etwas ausführlicher darüber zu schreiben, wie ich das tue. Die gleichen Regeln, nach denen ich hier arbeite, gelten auch für den i5-2500k. Kleine Abweichung: Der i5-2500k hat kein Hyperthreading, deshalb läßt er sich im Grenzbereich evtl. etwas leichter übertakten und VCore ist ein bischen anders. (Und wer mitdenkt, wird zurückschließen: Bei Rekordversuchen mit dem i7-2600k kann man das HT dann deaktivieren). Prinzip is aber das selbe.
Warnung:
Ich zeige hier nur, wie ich meinen Prozessor übertakte. Ich übernehme keine Verantwortung dafür, was andere mit ihrem Rechner tun.
Warnung Nr.2:
Da im Forum immer wieder diese Frage von Neulingen gestellt wird, schicke ich hier einmal voraus:
Es reicht nicht aus, nur den Multiplikator des Prozessors heraufzusetzen, um diesen zu übertakten.
Auch automatische Übertaktungsfunktionen sind in der Regel absolutes No-Go. Eine Automatik kann Euch das nicht abnehmen.
Das wird zwar alles in der Regel irgendwie funktionieren, aber das Mainboard gibt dem Prozessor meist viel zu viel Spannung, um Stabilität zu erzwingen. Darunter leidet die CPU dauerhaft und gibt evtl. früher als erwünscht den Geist auf. Laßt den Quatsch und lest weiter, damit Ihr wißt, wie es richtig geht. Übertakten kostet ein wenig Mühe (mir macht das Spaß) und wer das nicht will, sollte es lassen, ehe er seine CPU in die Tonne haut.
Zielsetzung:
Mein Ziel beim Übertakten ist es, den Prozessor bei nur leicht erhöhter Spannung so hoch wie möglich zu takten. Mir schwebt dabei eine Spannung von ca. 1,250 Volt vor, da diese Spannung weit weg von den höchsten laut Intel erlaubten Spannungen für meinen Prozessor liegt. (Ich bin übrigens in Bezug auf teure Gegenstände wie meine CPU ein sehr vorsichtiger Mensch). Ich möchte also nicht Wettbewerbs-Übertakten, sondern einen für meinen Alltag tauglichen Rechner haben. Da der Alltag für diesen Rechner hauptsächlich Videobearbeitung vorsieht, brauche ich alle Rechenpower, die er hergibt, ohne dass ich Gefahren eingehe. Dabei möchte ich die Energiespar-Funktionen des Prozessors angeschaltet lassen, denn er soll sich im Idle-Betrieb (also ohne Rechenlast) heruntertakten und kühler werden. Ich finde das sinnvoll, damit er schön lange lebt. Beim starkem Übertakten schaltet man meist diese Funktionen ab, der Prozessor läuft dann z.B. konstant mit >5 GHz.
Ein Ratschlag für alle OC-Neulinge:
Vor Beginn des OCens gerade der Sandy Bridge Prozessoren sollte man sich ein Ziel setzen und klar werden, was man will. Denn diese Prozessoren verleiten geradezu dazu, immer weiter zu machen... (auch evtl. über ein gesundes Maß hinaus, ist mein persönlicher Eindruck).
Okay, los gehts.
Das hier sind die Default-Einstellungen bei meinem Uefi (ASRock Z68 Pro3-M). Das wird bei Euch (im Prinzip) meistens recht ähnlich aussehn, denke ich (ja, ja, ich weiss: andere Boards haben evtl. auch mehr Einstellungen, aber das Prinzip bleibt).
Wer genau hinschaut sieht, dass ganz unten im Menü "OC Tweaker" (drittes Bild) die Möglichkeit besteht, die Einstellungen in drei Speicherplätzen abzulegen (zwei davon sieht man nicht). D.h. man kann 3 verschiedene Profile ablegen. Bei mir ist ein Profil eine verbesserte Default-Einstellung (Standardeinstellung, Spannung möglichst weit abgesenkt, schont die CPU) und eines beinhaltet die Vorgaben für den Betrieb mit 4.2 GHz. Vorteil ist: Selbst wenn man einen Bios-Reset machen muss, bleiben diese Einstellungen gespeichert. Man spart sich also evtl. eine Menge Arbeit.
Um das zu tun, was ich mache, benötigt Ihr übrigens die folgenden Programme:
- CPU-Z
- CoreTemp (oder Äquivalent)
- Prime95
Und hier ist auch eine Anleitung zu Prime. Danke, Niza!
So, als nächstes teste ich erstmal mit den Default-Einstellungen, wie warm meine CPU unter Vollast wird. Ich benutze dabei CoreTemp, um die Temperaturen zu beobachten. Die angezeigte Spannung bei CoreTemp ist übrigens die sogenannte VID Eures Prozessors und nicht die momentane VCore. Mit CPU-Z halte ich die Spannung und Frequenz im Auge. Um das System testweise voll auszulasten, lasse ich Prime 95/small FFTs mit 8 Threads (i5-2500k: 4 Threads) laufen.
OC-Neulinge bitte ich, die Spannung (Core Voltage) und den Takt (Core Speed) bei CPU-Z zu beachten, bevor Prime 95 läuft und dann unter Last: Unter Last werden Takt und Spannung automatisch erhöht, sonst wäre der Prozessor bei Last instabil und würde einen Absturz produzieren. Logische Konsequenz: Ohne Last wird der Prozessor runtergetaktet und läuft insgesamt kühler, schonender. Je mehr Spannung der Prozessor kriegt, desto wärmer wird er aber unter Last und desto besser muss die Leistung des Kühlers sein. Das ist der Grund, warum wir beim OCen die CPU-Temperatur so genau beobachten sollten. D.h. aber auch, OCen mit dem mitgelieferten Kühler ist kaum möglich. Linkes Bild: CPU Idle (Leerlauf); rechtes Bild: Vollast mit Prime.
Dieser "Testaufbau" ist nun Standard. Wenn unter Last bei Prime nach einer halben bis einer Stunde keine Fehler angezeigt werden (keine angehaltenen Worker, keine Rechenfehler, kein Bluescreen) und die Temperatur 65°C nicht übersteigt (das ist mein pers. Limit, andere sagen 70°C), hat man ein recht stabiles System. Diesen Test mache ich nun jedes Mal, wenn ich im Bios den Takt oder die Spannung geändert habe. Okay, ich gebs zu: Nicht bei jedem kleinsten Schritt lasse ich Prime dann ne ganze Stunde laufen, aber nen paar Minuten mindestens. [Edit: Zur richtigen Nutzung von Prime siehe auch noch etwas weiter unten].
Erste Schritte:
Im Uefi mache ich nun folgende Einstellungen:
- Da sich der CPU-Takt errechnet aus BCLK (= 100.0 Hz) malgenommen mit CPU Ratio, ändere ich CPU Ratio Setting von "Auto" auf meinen Wunschwert von erstmal 40. D.h., wenn alles klappt, läuft der Rechner mit 4 GHz. Das ist doch schonmal ne Hausnummer, oder?
- Hier bei mir gibt es eine "Additional Turbo Voltage". Ich setze sie von "Auto" auf den kleinsten einstellbaren Wert, "+0.004V". Ich will momentan nicht, dass mir eine Funktion in die Spannungseinstellung reinpfuscht. Das mache ich von Hand.
- Dann ändere ich "CPU Core Voltage" auf "Offset Mode", da ich die Spannung von Hand einstellen will. Bitte lasst die Spannung nicht auf "Auto". Die Boards benutzen meist zu hohe Spannungen, die nicht nötig sind und dem Prozessor evtl. auf Dauer nicht zuträglich sind. Ich gebe bei Offset erstmal -0.100V vor (d.h. 0.1V weniger als in den internen Funktionen des Boards bei 4 GHz und Vollast vorgesehen).
- Load Line Calibration ist so ein Extrathema. Dazu schreibe ich später mehr. Vorerst lasse ich sie auf "aus" was bei mir Level 5 entspricht.
- IGPU bleibt erstmal auf Auto, die DRAM Voltage setze ich auf 1.495 fest (meine RAMs laufen mit 1.5V). Der Default-Wert war zu hoch.
- PCH, CPU PLL, VTT und VCSSA waren auf "Auto". Mein Board zeigt mir auch die momentanen Werte an, die bei "Auto"-Einstellung angelegt werden. Da diese Spannungen dann beim OCen erhöht werden, sofern sie im "Auto" Modus sind, lege ich diese
Spannungen manuell fest (auf die Default-Werte von 3.6GHz). D.h. PCH, CPU PLL, VTT und VCSSA stelle ich manuell auf die Werte ein, die "Standard" sind.
Speichern, Neustart UND ?????
Der Rechner fährt anstandslos hoch, das ist ein erster Erfolg (denn ich habe grade um 300 MHz übertaktet). Glückwunsch!
Wie jetzt, nur 300 MHz? Ich hab doch die Max Ratio von 36 auf 40 gesetzt, das sind doch 400 MHz?!?
Prime und CPU-Z bringen es an den Tag: Es liegt ein maximaler Takt von 3.9GHz an, nicht die gewünschten 4GHz. Wenn man GANZ GENAU beim Start von Prime auf CPU-Z schaut, kann man sogar folgendes bemerken:
Ganz kurze Zeit sieht man 4GHz, dann wird auf 3.9GHz zurückgetaktet. HÄÄH??
Gehen Sie nicht über LOS, ziehen Sie nicht 4000 Mark ein sondern bewegen Sie sich direkt zurück ins Uefi:
Da liegt der Übeltäter - es ist "Turbo Boost Power Limit". Bevor ich weiter übertakten kann, muss ich die letzte Sicherheitsschaltung deaktivieren. Das ist sozusagen der große rote Schalter - wenn man ihn umlegt, erwarte ich fast schon die Frage "Wollen Sie das wirklich?"
Mit "Turbo Boost Power Limit" wird die der CPU zugeführte maximale Energie limitiert. Meine Einstellungen führen der CPU viel mehr Energie zu, als hier dauerhaft (>1 Sek.) erlaubt wird. Deshalb drosselt das Uefi den Multiplikator nach 1 Sek. von 40 auf 39, da Multi=39 offensichtlich noch innerhalb der hier vorgegebenen 95 Watt liegt.
Das geht natürlich so nicht - ich erhöhe das Limit erstmal auf 140 Watt. Es sollte jedem klar sein, dass ich nun peinlich auf die Temperaturen meiner CPU achten muss, um sie nicht zu grillen.
Neustart, CPU-Z, Prime, Coretemp:
Im Idle um die 34°C bei 0.856V; dann mit 1.160V runde 4GHz bei max. 59°C.
Das war jetzt der erste wirklich erfolgreiche Schritt - alles im grünen Bereich und wie gewünscht.
Nun kann man sich immer weiter vortasten und hochtakten, etwa so:
1. Takt erhöhen (über Multi),
2. starten, Temperaturen beobachten, Prime laufen lassen -> Stabilität testen [siehe auch weiter unten noch mal zum Thema Prime-Tests].
3. Wenn man keine Abstürze/Instabilitäten erhält und die Temperatur ok ist: Weiter mit 1.
4. Wenn man Abstürze hat: Spannung erhöhen und weiter bei 2. Falls Spannung bereits (nach persönlicher Definition) "maximal" ist, Takt heruntersetzen, nochmal entsprechend 2 testen. Dann Versuche beenden und das stabile System genießen.
5. Wenn die Temperatur in den Grenzbereich kommt oder zu hoch ist: Wieder einen Schritt (Spannung und/oder Takt) zurücknehmen, nochmal Stabilität und Temperatur testen, weitere Versuche beenden und das stabile System genießen.
(Alternative zu 5.: Bessere Kühlung kaufen.)
In Bezug auf die Spannungseinstellungen ein paar Bemerkungen:
Ich habe dafür ein gewisses Gespür entwickelt, was mein System angeht (das werdet Ihr bei Euren Versuchen sicher genauso).
Die VCore-Einstellung ist das Mindestmaß an Spannung, was die CPU erstmal braucht, um überhaupt laufen zu können. Wenn
- der Rechner nicht einmal mehr ins Uefi kommt (also alles schwarz bleibt),
- mein Rechner mir den Windows-7-Schriftzug zeigt, aber sich bei der Animation aufhängt (einfriert),
- Windows bis zum Anmeldebildschirm startet, aber bei den kleinsten Aktionen abstürzt,
so ist definitiv die VCore zu niedrig. Alle diese Dinge belasten den Prozessor nur minimal. D.h. die CPU ist im unbelasteten Zustand instabil. Und das kann man nur mit mehr VCore (oder weniger Takt) beheben.
Hängt der Rechner sich in Anwendungen oder Prime auf, hat Bluescreen oder liefert Fehler: Hier geht nun das Feintuning los. Denn dieser letzte Punkt bedeutet, dass die CPU unter Last zu wenig Spannung hat. Hier gibt es nun 2 Lösungsansätze: VCore nochmal ein bissel hochsetzen. Oder: Die Load Line Calibration benutzen. Zur Load Line Calibration lasse ich mich hier noch nicht ausführlich aus. Wenn man sie aktiviert, bedeutet dies aber, dass das Mainboard die eingestellte VCore so gut wie möglich konstant hält, auch unter Lastbedingungen. Nachteil ist, dass (wenn LLC unachtsam benutzt wird) Spannungsspitzen entstehen können, die (bei ohnehin hoher VCore) die CPU nach und nach grillen können.
Richtiges Testen, Sinn und Unsinn von Prime 95:
Erst einmal herzlichen Dank an kaspar33333 für einen Hinweis.
Längere Zeit habe ich zwar mit Prime getestet, aber ich hätte das sinnvoller tun können. Also: Wenn Ihr mit den Small FFTs testet, produziert das sehr viel Wärme. D.h. dieser Test ist zum austesten der maximalen Temperatur sehr gut geeignet (alternativ CoreDamage oder Linx). Man kann die CPU aber anders noch besser auf ihre Stabilität testen: Bei Prime sollte man dann Custom wählen, FFTs in place und eine FFT-Größe von 960k (alternativ auch 576K oder 1344K). Ich mußte feststellen, dass 960k die Instabilität des Prozessors innerhalb von wenigen Minuten herausforderte (Absturz), während die small FFTs laaange Zeit stabil liefen. 960k ist also besser geeignet, um den Prozessor auf seine Stabilität zu testen.
Denkt aber dran, Prime 95 ist nicht alles. Andere Software belastet den Prozessor auf andere Weise. Wenn Ihr das System Prime-Stabil habt: Die Realität ist der letzte Test. Ich hatte mein System bereits Prime-Stabil (mehrere Stunden!) auf 4.2 GHz übertaktet. Sobald mein Videoschnittprogramm anfing zu rechnen, stürzte der Rechner aber sang- und klanglos ab. Mein Videoschnittprogramm erzeugt offenbar durch starke und häufige Lastwechsel Instabilität des Prozessors. Ich musste die Kernspannung ein klein wenig mehr anheben (z.B. 0,005V), damit auch dies kompensiert wurde.
Will sagen: Übertreibt es nicht mit Prime und testet den Rechner mit Games, Video,... alles was Euch unter die Finger kommt. Habt Spass beim Testen!! Wer will denn schon den Rechner 24 Stunden mit Prime laufen lassen - den neuen Prozessor, mit dem man endlich XYZ flüssig spielen kann?!? Für Tests mit Real-Life-Anwendungen gibt es keinen Ersatz. Prime ist gut (auch um Maximaltemperaturen zu prüfen), aber Prime gibt einem keine Garantie.
Nachbemerkung:
Dieses Tutorial ist jetzt zur Diskussion freigegeben. Ich bin für Hinweise/Verbesserungsvorschläge offen und würde mich freuen, wenn dieser Text oben angepinnt wird. Dann fragen nicht mehr ganz so viele Neulinge nach den ganz grundlegenden Sachen...
Und falls Euch das Tutorial zu schlecht ist, könnt Ihr es ja mit Missachtung strafen und ganz unten verschwinden lassen
Viele Grüße Euer
Zweiblum
Edit: Der Bildimport hat nicht geklappt, ich reparier das demnächst. DONE
Edit 2: So, ich habe die Links zu den Downloadseiten für die Software eingefügt.
Edit 3: Einige Fehler beseitigt, Ergänzung zu Prime-Tests und Bilder zu ein paar Benchmarks eingefügt.
Moinmoin,
da immer wieder Leute nachfragen, wie man denn nun einen i7-2600k übertaktet, habe ich mich entschlossen, etwas ausführlicher darüber zu schreiben, wie ich das tue. Die gleichen Regeln, nach denen ich hier arbeite, gelten auch für den i5-2500k. Kleine Abweichung: Der i5-2500k hat kein Hyperthreading, deshalb läßt er sich im Grenzbereich evtl. etwas leichter übertakten und VCore ist ein bischen anders. (Und wer mitdenkt, wird zurückschließen: Bei Rekordversuchen mit dem i7-2600k kann man das HT dann deaktivieren). Prinzip is aber das selbe.
Warnung:
Ich zeige hier nur, wie ich meinen Prozessor übertakte. Ich übernehme keine Verantwortung dafür, was andere mit ihrem Rechner tun.
Warnung Nr.2:
Da im Forum immer wieder diese Frage von Neulingen gestellt wird, schicke ich hier einmal voraus:
Es reicht nicht aus, nur den Multiplikator des Prozessors heraufzusetzen, um diesen zu übertakten.
Auch automatische Übertaktungsfunktionen sind in der Regel absolutes No-Go. Eine Automatik kann Euch das nicht abnehmen.
Das wird zwar alles in der Regel irgendwie funktionieren, aber das Mainboard gibt dem Prozessor meist viel zu viel Spannung, um Stabilität zu erzwingen. Darunter leidet die CPU dauerhaft und gibt evtl. früher als erwünscht den Geist auf. Laßt den Quatsch und lest weiter, damit Ihr wißt, wie es richtig geht. Übertakten kostet ein wenig Mühe (mir macht das Spaß) und wer das nicht will, sollte es lassen, ehe er seine CPU in die Tonne haut.
Zielsetzung:
Mein Ziel beim Übertakten ist es, den Prozessor bei nur leicht erhöhter Spannung so hoch wie möglich zu takten. Mir schwebt dabei eine Spannung von ca. 1,250 Volt vor, da diese Spannung weit weg von den höchsten laut Intel erlaubten Spannungen für meinen Prozessor liegt. (Ich bin übrigens in Bezug auf teure Gegenstände wie meine CPU ein sehr vorsichtiger Mensch). Ich möchte also nicht Wettbewerbs-Übertakten, sondern einen für meinen Alltag tauglichen Rechner haben. Da der Alltag für diesen Rechner hauptsächlich Videobearbeitung vorsieht, brauche ich alle Rechenpower, die er hergibt, ohne dass ich Gefahren eingehe. Dabei möchte ich die Energiespar-Funktionen des Prozessors angeschaltet lassen, denn er soll sich im Idle-Betrieb (also ohne Rechenlast) heruntertakten und kühler werden. Ich finde das sinnvoll, damit er schön lange lebt. Beim starkem Übertakten schaltet man meist diese Funktionen ab, der Prozessor läuft dann z.B. konstant mit >5 GHz.
Ein Ratschlag für alle OC-Neulinge:
Vor Beginn des OCens gerade der Sandy Bridge Prozessoren sollte man sich ein Ziel setzen und klar werden, was man will. Denn diese Prozessoren verleiten geradezu dazu, immer weiter zu machen... (auch evtl. über ein gesundes Maß hinaus, ist mein persönlicher Eindruck).
Okay, los gehts.
Das hier sind die Default-Einstellungen bei meinem Uefi (ASRock Z68 Pro3-M). Das wird bei Euch (im Prinzip) meistens recht ähnlich aussehn, denke ich (ja, ja, ich weiss: andere Boards haben evtl. auch mehr Einstellungen, aber das Prinzip bleibt).
Wer genau hinschaut sieht, dass ganz unten im Menü "OC Tweaker" (drittes Bild) die Möglichkeit besteht, die Einstellungen in drei Speicherplätzen abzulegen (zwei davon sieht man nicht). D.h. man kann 3 verschiedene Profile ablegen. Bei mir ist ein Profil eine verbesserte Default-Einstellung (Standardeinstellung, Spannung möglichst weit abgesenkt, schont die CPU) und eines beinhaltet die Vorgaben für den Betrieb mit 4.2 GHz. Vorteil ist: Selbst wenn man einen Bios-Reset machen muss, bleiben diese Einstellungen gespeichert. Man spart sich also evtl. eine Menge Arbeit.
Um das zu tun, was ich mache, benötigt Ihr übrigens die folgenden Programme:
- CPU-Z
- CoreTemp (oder Äquivalent)
- Prime95
Und hier ist auch eine Anleitung zu Prime. Danke, Niza!
So, als nächstes teste ich erstmal mit den Default-Einstellungen, wie warm meine CPU unter Vollast wird. Ich benutze dabei CoreTemp, um die Temperaturen zu beobachten. Die angezeigte Spannung bei CoreTemp ist übrigens die sogenannte VID Eures Prozessors und nicht die momentane VCore. Mit CPU-Z halte ich die Spannung und Frequenz im Auge. Um das System testweise voll auszulasten, lasse ich Prime 95/small FFTs mit 8 Threads (i5-2500k: 4 Threads) laufen.
OC-Neulinge bitte ich, die Spannung (Core Voltage) und den Takt (Core Speed) bei CPU-Z zu beachten, bevor Prime 95 läuft und dann unter Last: Unter Last werden Takt und Spannung automatisch erhöht, sonst wäre der Prozessor bei Last instabil und würde einen Absturz produzieren. Logische Konsequenz: Ohne Last wird der Prozessor runtergetaktet und läuft insgesamt kühler, schonender. Je mehr Spannung der Prozessor kriegt, desto wärmer wird er aber unter Last und desto besser muss die Leistung des Kühlers sein. Das ist der Grund, warum wir beim OCen die CPU-Temperatur so genau beobachten sollten. D.h. aber auch, OCen mit dem mitgelieferten Kühler ist kaum möglich. Linkes Bild: CPU Idle (Leerlauf); rechtes Bild: Vollast mit Prime.
Dieser "Testaufbau" ist nun Standard. Wenn unter Last bei Prime nach einer halben bis einer Stunde keine Fehler angezeigt werden (keine angehaltenen Worker, keine Rechenfehler, kein Bluescreen) und die Temperatur 65°C nicht übersteigt (das ist mein pers. Limit, andere sagen 70°C), hat man ein recht stabiles System. Diesen Test mache ich nun jedes Mal, wenn ich im Bios den Takt oder die Spannung geändert habe. Okay, ich gebs zu: Nicht bei jedem kleinsten Schritt lasse ich Prime dann ne ganze Stunde laufen, aber nen paar Minuten mindestens. [Edit: Zur richtigen Nutzung von Prime siehe auch noch etwas weiter unten].
Erste Schritte:
Im Uefi mache ich nun folgende Einstellungen:
- Da sich der CPU-Takt errechnet aus BCLK (= 100.0 Hz) malgenommen mit CPU Ratio, ändere ich CPU Ratio Setting von "Auto" auf meinen Wunschwert von erstmal 40. D.h., wenn alles klappt, läuft der Rechner mit 4 GHz. Das ist doch schonmal ne Hausnummer, oder?
- Hier bei mir gibt es eine "Additional Turbo Voltage". Ich setze sie von "Auto" auf den kleinsten einstellbaren Wert, "+0.004V". Ich will momentan nicht, dass mir eine Funktion in die Spannungseinstellung reinpfuscht. Das mache ich von Hand.
- Dann ändere ich "CPU Core Voltage" auf "Offset Mode", da ich die Spannung von Hand einstellen will. Bitte lasst die Spannung nicht auf "Auto". Die Boards benutzen meist zu hohe Spannungen, die nicht nötig sind und dem Prozessor evtl. auf Dauer nicht zuträglich sind. Ich gebe bei Offset erstmal -0.100V vor (d.h. 0.1V weniger als in den internen Funktionen des Boards bei 4 GHz und Vollast vorgesehen).
- Load Line Calibration ist so ein Extrathema. Dazu schreibe ich später mehr. Vorerst lasse ich sie auf "aus" was bei mir Level 5 entspricht.
- IGPU bleibt erstmal auf Auto, die DRAM Voltage setze ich auf 1.495 fest (meine RAMs laufen mit 1.5V). Der Default-Wert war zu hoch.
- PCH, CPU PLL, VTT und VCSSA waren auf "Auto". Mein Board zeigt mir auch die momentanen Werte an, die bei "Auto"-Einstellung angelegt werden. Da diese Spannungen dann beim OCen erhöht werden, sofern sie im "Auto" Modus sind, lege ich diese
Spannungen manuell fest (auf die Default-Werte von 3.6GHz). D.h. PCH, CPU PLL, VTT und VCSSA stelle ich manuell auf die Werte ein, die "Standard" sind.
Speichern, Neustart UND ?????
Der Rechner fährt anstandslos hoch, das ist ein erster Erfolg (denn ich habe grade um 300 MHz übertaktet). Glückwunsch!
Wie jetzt, nur 300 MHz? Ich hab doch die Max Ratio von 36 auf 40 gesetzt, das sind doch 400 MHz?!?
Prime und CPU-Z bringen es an den Tag: Es liegt ein maximaler Takt von 3.9GHz an, nicht die gewünschten 4GHz. Wenn man GANZ GENAU beim Start von Prime auf CPU-Z schaut, kann man sogar folgendes bemerken:
Ganz kurze Zeit sieht man 4GHz, dann wird auf 3.9GHz zurückgetaktet. HÄÄH??
Gehen Sie nicht über LOS, ziehen Sie nicht 4000 Mark ein sondern bewegen Sie sich direkt zurück ins Uefi:
Da liegt der Übeltäter - es ist "Turbo Boost Power Limit". Bevor ich weiter übertakten kann, muss ich die letzte Sicherheitsschaltung deaktivieren. Das ist sozusagen der große rote Schalter - wenn man ihn umlegt, erwarte ich fast schon die Frage "Wollen Sie das wirklich?"
Mit "Turbo Boost Power Limit" wird die der CPU zugeführte maximale Energie limitiert. Meine Einstellungen führen der CPU viel mehr Energie zu, als hier dauerhaft (>1 Sek.) erlaubt wird. Deshalb drosselt das Uefi den Multiplikator nach 1 Sek. von 40 auf 39, da Multi=39 offensichtlich noch innerhalb der hier vorgegebenen 95 Watt liegt.
Das geht natürlich so nicht - ich erhöhe das Limit erstmal auf 140 Watt. Es sollte jedem klar sein, dass ich nun peinlich auf die Temperaturen meiner CPU achten muss, um sie nicht zu grillen.
Neustart, CPU-Z, Prime, Coretemp:
Im Idle um die 34°C bei 0.856V; dann mit 1.160V runde 4GHz bei max. 59°C.
Das war jetzt der erste wirklich erfolgreiche Schritt - alles im grünen Bereich und wie gewünscht.
Nun kann man sich immer weiter vortasten und hochtakten, etwa so:
1. Takt erhöhen (über Multi),
2. starten, Temperaturen beobachten, Prime laufen lassen -> Stabilität testen [siehe auch weiter unten noch mal zum Thema Prime-Tests].
3. Wenn man keine Abstürze/Instabilitäten erhält und die Temperatur ok ist: Weiter mit 1.
4. Wenn man Abstürze hat: Spannung erhöhen und weiter bei 2. Falls Spannung bereits (nach persönlicher Definition) "maximal" ist, Takt heruntersetzen, nochmal entsprechend 2 testen. Dann Versuche beenden und das stabile System genießen.
5. Wenn die Temperatur in den Grenzbereich kommt oder zu hoch ist: Wieder einen Schritt (Spannung und/oder Takt) zurücknehmen, nochmal Stabilität und Temperatur testen, weitere Versuche beenden und das stabile System genießen.
(Alternative zu 5.: Bessere Kühlung kaufen.)
In Bezug auf die Spannungseinstellungen ein paar Bemerkungen:
Ich habe dafür ein gewisses Gespür entwickelt, was mein System angeht (das werdet Ihr bei Euren Versuchen sicher genauso).
Die VCore-Einstellung ist das Mindestmaß an Spannung, was die CPU erstmal braucht, um überhaupt laufen zu können. Wenn
- der Rechner nicht einmal mehr ins Uefi kommt (also alles schwarz bleibt),
- mein Rechner mir den Windows-7-Schriftzug zeigt, aber sich bei der Animation aufhängt (einfriert),
- Windows bis zum Anmeldebildschirm startet, aber bei den kleinsten Aktionen abstürzt,
so ist definitiv die VCore zu niedrig. Alle diese Dinge belasten den Prozessor nur minimal. D.h. die CPU ist im unbelasteten Zustand instabil. Und das kann man nur mit mehr VCore (oder weniger Takt) beheben.
Hängt der Rechner sich in Anwendungen oder Prime auf, hat Bluescreen oder liefert Fehler: Hier geht nun das Feintuning los. Denn dieser letzte Punkt bedeutet, dass die CPU unter Last zu wenig Spannung hat. Hier gibt es nun 2 Lösungsansätze: VCore nochmal ein bissel hochsetzen. Oder: Die Load Line Calibration benutzen. Zur Load Line Calibration lasse ich mich hier noch nicht ausführlich aus. Wenn man sie aktiviert, bedeutet dies aber, dass das Mainboard die eingestellte VCore so gut wie möglich konstant hält, auch unter Lastbedingungen. Nachteil ist, dass (wenn LLC unachtsam benutzt wird) Spannungsspitzen entstehen können, die (bei ohnehin hoher VCore) die CPU nach und nach grillen können.
Richtiges Testen, Sinn und Unsinn von Prime 95:
Erst einmal herzlichen Dank an kaspar33333 für einen Hinweis.
Längere Zeit habe ich zwar mit Prime getestet, aber ich hätte das sinnvoller tun können. Also: Wenn Ihr mit den Small FFTs testet, produziert das sehr viel Wärme. D.h. dieser Test ist zum austesten der maximalen Temperatur sehr gut geeignet (alternativ CoreDamage oder Linx). Man kann die CPU aber anders noch besser auf ihre Stabilität testen: Bei Prime sollte man dann Custom wählen, FFTs in place und eine FFT-Größe von 960k (alternativ auch 576K oder 1344K). Ich mußte feststellen, dass 960k die Instabilität des Prozessors innerhalb von wenigen Minuten herausforderte (Absturz), während die small FFTs laaange Zeit stabil liefen. 960k ist also besser geeignet, um den Prozessor auf seine Stabilität zu testen.
Denkt aber dran, Prime 95 ist nicht alles. Andere Software belastet den Prozessor auf andere Weise. Wenn Ihr das System Prime-Stabil habt: Die Realität ist der letzte Test. Ich hatte mein System bereits Prime-Stabil (mehrere Stunden!) auf 4.2 GHz übertaktet. Sobald mein Videoschnittprogramm anfing zu rechnen, stürzte der Rechner aber sang- und klanglos ab. Mein Videoschnittprogramm erzeugt offenbar durch starke und häufige Lastwechsel Instabilität des Prozessors. Ich musste die Kernspannung ein klein wenig mehr anheben (z.B. 0,005V), damit auch dies kompensiert wurde.
Will sagen: Übertreibt es nicht mit Prime und testet den Rechner mit Games, Video,... alles was Euch unter die Finger kommt. Habt Spass beim Testen!! Wer will denn schon den Rechner 24 Stunden mit Prime laufen lassen - den neuen Prozessor, mit dem man endlich XYZ flüssig spielen kann?!? Für Tests mit Real-Life-Anwendungen gibt es keinen Ersatz. Prime ist gut (auch um Maximaltemperaturen zu prüfen), aber Prime gibt einem keine Garantie.
Nachbemerkung:
Dieses Tutorial ist jetzt zur Diskussion freigegeben. Ich bin für Hinweise/Verbesserungsvorschläge offen und würde mich freuen, wenn dieser Text oben angepinnt wird. Dann fragen nicht mehr ganz so viele Neulinge nach den ganz grundlegenden Sachen...
Und falls Euch das Tutorial zu schlecht ist, könnt Ihr es ja mit Missachtung strafen und ganz unten verschwinden lassen
Viele Grüße Euer
Zweiblum
Edit: Der Bildimport hat nicht geklappt, ich reparier das demnächst. DONE
Edit 2: So, ich habe die Links zu den Downloadseiten für die Software eingefügt.
Edit 3: Einige Fehler beseitigt, Ergänzung zu Prime-Tests und Bilder zu ein paar Benchmarks eingefügt.
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