"Entgangene Zinsen" wäre aber doch nur dann ein Argument, wenn Intel das "unfreiwillig an die EU geliehene" Geld über diesen gesamten Zeitraum hinweg angelegt hätte und dann halt von der Bank o. ä. diesen Zinsbetrag bekommen hätte. Tatsächlich funktioniert so aber ein derartiger Großkonzern nicht. In der Realität hätten sie dieses Geld halt zusätzlich investiert oder als Dividende ausgezahlt. Die scheinbar entgangenen Zinsen sind ihnen ja nicht wirklich entgangen. Insofern finde ich schon, dass man das als Gewinn sehen kann.
Wenn man bedenkt, wie gut Intels Geschäft von 2009 bis 2017 lief, dann hätten zusätzliche 700 Millionen Euro zu Beginn dieser Phase über den Zeitraum sicherlich mehr als 500 Millionen an Gewinn abwerfen können. Ganz simples Beispiel, ohne auch nur Technik und Forschung anzugehen:
700 Millionen im Jahr 2009 entsprachen 35 Millionen Intel-Aktien. Hätten Intel die Strafe damals nicht zahlen müssen, hätten sie also 35 Millionen eigene Aktien auf Halde halten können, ohne irgendwo anders sparen zu müssen. Diese Aktien erst 2022 zu verkaufen hätte, trotz des damaligen Absturzes, im Schnitt noch rund 1,4 Milliarden eingebracht. 2020/2021 wären sogar 2,1 Milliarden drin gewesen. Der Zwang, schon 2009 Einnahmen zu generieren, hat Intel also potenziell 0,7-1,4 Milliarden an Veräußerungserlösen gekostet. Zusätzlich haben sie von 2009 bis 2022 für 35 Millionen (zusätzliche) Aktien über 400 Millionen an Rendite (zusätzlich) ausgeschüttet, was einen direkten Gesamtverlust von 1,1 bis 1,8 Milliarden ergibt. Hinzu kommt noch der Einfluss des Aktienverkaufs auf den Kurs an sich, die Änderung von offensichtlich lukrativen und nach neuer Bewertung eben doch legalen Verkaufstaktiken, und die Rufschädigung, sowohl B2B als auch B2C. Intel wird im Zuge des damaligen (mittlerweile aufgehobenen) Urteils bis heute regelmäßig in Online-Techkreisen als Verbrecherunternehmen dargestellt.
Der Gesamtschaden könnte durchaus deutlich über 2 Milliarden liegen und davon werden jetzt 0,5 ausgeglichen. Man könnte das jetzt als Anlass für Kapitalismuskritik nehmen oder die neue Urteilslage in Frage stellen. Aber der aktuellen Rechtssituation nach war das Urteil von 2009 ein Justizfehler, Intel ist somit ein Justizopfer und die Entschädigung deckt, wie so oft in solchen Fällen, nicht annähernd den beim Opfer angerichteten Schaden. "500 Millionen" klingt nach viel, aber für ein Unternehmen der Größe Intels sind das Peanuts, die nicht einmal die Verluste eines schlecht laufenden Quartals aufwiegen können, geschweige denn die vollen Folgen eines damals spektakulären Urteils.