Die Weltmeisterschaft im Lack saufen geht weiter, und nach dem kürzlichen Vorsprung von Sony macht Razer jetzt wieder einen gewaltigen Satz nach vorn.
450 Euro... ich habe Kopfhörer von Sennheiser, die damals 100 Euro gekostet haben, was sowohl im HiFi- als auch im Profibereich nun wirklich das untere Ende der Fahnenstange darstellt, und kein Gaming-Headset, das ich seitdem jemals in der Hand hatte, konnte es klanglich jemals mit diesen aufnehmen. Sobald man die Dinger mit etwas anderem als Game-Audio speist, machen auch simulierter Surround oder künstliche Bässe die Unsauberkeiten über das gesamte Frequenzspektrum nicht mehr wett, während Verzerrungen bei der Wiedergabe einiger Musikinstrumente aufgrund der mangelnden Qualität der Lautsprecher umso stärker auffallen.
Dass das Mikrofon bei einem Gaming-Headset sehr zweckmäßig ist, sollte auch jedem klar sein. Insofern könnte man ebenso gut besagte 100-Euro-Kopfhörer mit einem einfachen Lavalier-Mikrofon für 50 bis 60 Euro kombinieren und hätte für den Preis eines „durchschnittlichen“ Premium-Gaming-Headsets bereits eine Kombination, die genauso portabel, klanglich deutlich besser und zudem einfacher zu warten und zu reparieren ist. Mit einem Budget von 450 Euro, wie Razer hier verlangt, ist locker ein vernünftiges Großmembran-Mikrofon mit einfachem Audio-Interface drin, das vielleicht nicht so portabel ist, aber auch für deutlich mehr taugt als Discord-Sessions auf Energydrinks und selbst in Letzteren klanglich jedes Gaming-Headset in den Schatten stellt. Sogar ein Røde NT1 5th Generation, das schon einfacheren Profi-Ansprüchen genügt, wäre eine Option, wobei man sich dank USB sogar vorerst das Audio-Interface sparen könnte.
Man würde in der Summe für Kopfhörer, Mikrofon und Mikrofonständer/-halterung zusammen immer noch weniger zahlen, als Razer hier für seinen Plastikbomber zu verlangen beabsichtigt, und müsste sich gleichzeitig nicht mit deren nach wie vor mieser Synapse-Software rumschlagen, die Razer trotz seiner immer absurderen Preise einfach nicht in den Griff bekommt und das offenkundig auch gar nicht will. Verzichten muss man dafür nur auf RGB, das man während der Benutzung sowieso nicht sieht und das dementsprechend nur dazu taugt, Zuschauer zu beeindrucken, die man nicht leiden kann. Letzteres kann man aber mit einem guten Mikrofon ebenso, nur halt deutlich effektiver, da es nicht nur optisch etwas hermacht, sondern vor allem auch akustisch. Normale Kopfhörer vibrieren auch nicht, aber da stelle ich mir die Frage, ob man sich das wirklich auf Dauer in mehrere Stunden andauernden Gaming-Sessions antun will, zumal die dafür nötigen Motoren wieder zusätzliches Gewicht auf dem Kopf bedeuten. Ich denke, guter Klang stellt einen auf lange Sicht zufriedener als ein Vibrator-Gimmick, das nach dem ersten „Aha“-Effekt ziemlich schnell an Spektakularität verlieren dürfte.