Wir hatten nach weiterein Informationen gefragt, wurden aber auf die offiziellen Statements verwiesen. Meine letzte direkte Info zu dem Thema, als Grundlage für den Extrakasten im aktuellen Heft, stammt von Ende Juni. Damals lagen gegen EKWB laut deren Aussage (noch?) keine Rechtsverfahren vor, die Frau des hier reichlich zitierten Joe Robey arbeitete ausdrücklich (noch?) bei EKWB, ebenso wie der erwähnte Attila Gobor. Dave Alcock dagegen hat schon zwei Monate vorher nicht mehr geantwortet. Die als langfristig geschilderte Eskalation muss sich also in weniger als zwei Monaten vor Veröffentlichung des Videos abgespielt haben. Als Hardware-Tester haben wir aber keine finanziellen oder personellen Hintergrundinformationen.
Die Berichterstattung von Gamers Nexus stützt sich, soweit ich das nachverfolgen konnte, vor allem auf Ex-Mitarbeiter des US-Zweigs EK CS, die für US-Youtuber natürlich leichter erreichbar sind als für DACH-Tester. Ob das die Berichterstattung verbessert, sei aber dahin gestellt: Steve Burke berichtet primär mit Berufung auf Dan Henderson & Kollegen darüber, dass diese mit erheblichem Geschick Behinderungen durch die komplett inkompetent und verantwortungslos dargestellte slowenische Konzernleitung umschifft haben, letztlich aber wegen Finanzabzug dieses korrupten Vereins scheitern mussten. Zu dieser letztlich Selbstdarstellung beteiligter Akteure passen auch die Faktenaussagen in den (als zweite Perspektive sehenswerten) Interviews von Git Guru (
Dan Henderson,
Edvard König), während Interpretation und Bewertung dort teils exakt gelegenläufig sind. Dem zu Folge hat das letztlich gefeuerte US-Management bewusst gegen slowenische Vorgaben verstoßen und dies vertuscht (Henderson über sich selbst, nur weniger euphemistisch ausgedrückt), während fleißig investiert wurde (König über sein Unternehmen). Leider geht Gamers Nexus lieber intensiv auf ein EKWB-d.o.o.-Sim-Racer-Projekt für 50.000 USD ein und erwähnt nur ganz kurz 5.000.000 USD Fehlinvestition von EK CS allein für Hardware im Rahmen eines vergeigten Einstiegs in das US-Komplettsystem-Geschäft. Dabei passt diese Zahl, wenn man noch ein paar andere erwähnte Kosten dazu nimmt, ziemlich gut zu einem Unternehmen, dass binnen kurzer Zeit von gut einer Million Barreserven in eine gut vier Millionen tiefe Finanzierungslücke gestürzt ist.
Da muss jeder letztlich selbst entscheiden, was er zwischen den Zeilen liest. Offensichtlich ist in meinen Augen, dass EWKB d.o.o. mit relativ wenig Substanz in Eigenbesitz und minimalen Barreserven bei relativ großem Umsatz gearbeitet hat. Die Einkaufsverpflichtungen von Vorprodukten und Arbeitsleistungen im Rahmen letzterer scheinen zudem langfristiger als die garantierten Verkäufe gewesen zu sein – das war eine sehr riskante Position. In Kombination mit den schrumpfenden Märkten nach dem Corona-Boom (nach Andeutungen aus anderen Quellen würde ich ein Drittel schätzen) musste dieses Risiko zu einer Gefahr werden, die keine Luft für weitere Fehlentscheidungen und Verkaufsstörungen lässt. Erstere scheinen sich mit den geplatzten US-Deals ereignet zu haben und laut Gamers Nexus ist der Absatz von EKWB mittlerweile noch um ein zweites Drittel eingebrochen. Die Ursachen dafür mag erneut jeder selbst beurteilen – ich für meinen Teil habe schon im Frühjahr prognostiziert, dass ein Wasserkühlungshersteller über den große, negative Videos bei nahezu allen relevanten Hardware-Influencern erscheinen, definitiv Probleme bekommen wird – vollkommen unabhängig davon, ob er vorher welche hatte oder nicht.
Dass EKWB jetzt in der klassischen Kreditfalle steckt (kein Geld => Kredit => Zinsen => überhaupt kein Geld => Kredit mit noch höheren Zinsen) erscheint somit glaubwürdig. Definitiv haben sie ein Marketingproblem, denn Schlüsselpersonen sind zu anderen Unternehmen gewechselt und die Produktionskette ist gestört (was zu Außenständen bei Fremdfertigern passt). Ergebnis: Keine Testmuster. Folge: Keine positiven Testergebnisse. Resultat: Noch weniger Verkäufe. Die Entwicklung könnte in einer ähnlichen Todesspirale stecken, wenn man sich anguckt, dass wichtige Entwicklerpersönlichkeiten jetzt z.B. für die Konkurrenz bei der8auer arbeiten. Die einzig positive Meldung aus Richtung EKWB war in letzter Zeit irgendwie, dass es noch keine Massen- oder allgemein kaum Entlassungen gibt, sieht man mal von dem stillgelegten US-Zweig ab. Teilweise wird das natürlich dadurch ersetzt, dass Auftragnehmer keine Aufträge mehr bekommen, Angestellte real nur einen Teil ihrer Löhne erhalten und dann in nicht geringer Zahl freiwillig gehen. Aber ein Unternehmen, dem zwei Drittel seines Absatzes wegbrechen, müsste eigentlich zwei Drittel seiner Belegschaft abstoßen. Soweit scheint man noch nicht zu sein und sogar am Engagement in Europa festzuhalten, während die Konkurrenz (bis auf wenige Ausnahmen) in China fertigen lässt. (Wo die Arbeitsrechtsituation wohl keine medienwirksame Verurteilungen wert ist.)
Traurig finde ich jedenfalls, dass hier auf Management-, Vertriebs- und Medienebene angesiedelte Prozesse einen führenden Hardware-Anbieter zerlegen, an dessen Produkten ich (abseits der Preise) schon lange keine größere Kritik mehr gehört habe. Umgekehrt scheint es anderen Firmen blendend zu gehen, obwohl deren Produkten klare Mängel nachgewiesen wurden oder sie ihre Budgets offensichtlich lieber in Marketing-Maßnahmen denn Produktentwicklung investieren.