AW: The Witcher gehört zu den Netflix-Serien mit den höchsten Wertungen
Die Qualität der Serien auf Netflix muss ja echt schlecht sein, wenn Witcher mit zum Besten dort gehören soll....
Die Serie ist maximal "ganz nett", wenn man das Genre mag. Sieht teilweise halt wie eine D&D Verfilmung aus, der besondere Flair der Bücher bleibt durch den Transfer auf den Bildschirm größtenteils auf der Strecke. Den eigenen Ansprüchen ist man hier auch eher nicht gerecht geworden. Writing&Regie sind teilweise ziemlich dürftig und das Budget hat auch nicht wirklich gereicht für das, was man zeigen wollte. Vor allem die Schlachtszenen sehen echt nicht gut aus und für ein größeres Ensemble hat wohl auch das Geld gefehlt. Auch beim Kostüm-Design (insbesondere bei Nebencharakteren) und bei der Beleuchtung sieht das alles eher billig aus. Dass gerade die Kurzgeschichten nicht einfach zu verfilmen sind, ist klar. Da gehe ich als Liebhaber der Bücher auch prinzipiell gerne den ein oder anderen Kompromiss ein. Es wäre aber vielleicht deutlich besser geworden, wenn man sich noch mehr Zeit gelassen hätte, die Geschichten mit mehr Tiefe zu erzählen und den Charakteren mehr Raum zum Atmen gelassen hätte. Hier wollte man in der einen Staffel viel zu viel erreichen. Auch das Spectacle Creep, insbesondere in Bezug auf Yennefer, ist mir leider sehr negativ aufgefallen - zumal das in Verbindung mit den eher durchschnittlichen Production Values einen auch nicht wirklich vom Hocker haut.
So schlimm, wie manche Kritiken es darstellen, ist es zwar nicht, aber halt auch nur Mittelmaß. Empfehlen kann man es eigentlich nur Witcher Fans oder zumindest Genrefans. Aber auch die sollten nicht allzu viel erwarten, zumal die Serie teilweise doch stark von den Büchern abrückt und das selten in einer besonderes guten Art und Weise. Serienfans, die mit Fantasy nur am Rande was anfangen können (maximal GoT-Niveau) wird Witcher nicht wirklich abholen. Die werden sich eher von dem ein oder anderen Cringe-Moment die Augen reiben und möglicherweise direkt umschalten. Die Dialoge sind auch viel zu hölzen und unbeholfen, um wirklich gut zu unterhalten. Teilweise kommt in den langen Folgen schon Langeweile auf, weil die Dialoge und die Action teilweise keine ideale Spannungskurve ergeben sondern deutlich abgehackt und "unvollständig" wirken. Hinzu kommt natürlich die sehr hohe Anzahl von Dialogzeilen, die man als reine Exposition einstufen kann. Hier hat man es meiner Meinung nach auch deutlich übertrieben und der eigentlichen Szenerie bzw. dem Flow der Szenen zu wenig Spielraum gegeben. Das wirkt doch teilweise sehr gestelzt, was nicht zuletzte daran liegt, dass man sich einfach für viele Geschichten und Aspekte zu wenig Zeit gelassen hat.
An die Qualität eines LoTR (was nun mal die Messlatte für High Fantasy auf dem Bildschirm ist) kommt Witcher zu keiner Zeit auch nur im Ansatz heran, weder bei beim Writing, noch bei der Regie, noch bei der Kameraarbeit, noch bei den Schauplätzen, noch beim CGI, noch bei den Kostümen und Masken, noch bei der Liebe zum Detail usw. Die schauspielerischen Leistungen sind noch am Positivsten hervorzuheben, wobei die Schauspieler hier halt leider auch durch das mangelhafte Skript teilweise nicht viel ausrichten können. Geralts Dialoge (ein Kernbestandteil der Bücher...) hat man etwa soweit zusammen gekürzt, dass er meist nur noch (modern) flucht oder "coole" Sprüche raushaut. Den Rest soll offenbar Cavill mit der Mimik erledigen, was natürlich ein aussichtsloses Unterfangen ist und ihm auch nur so mittelprächtig gelingt. Neulingen und Games-only Fans wird das natürlich nicht weiter auffallen, die kennen Geralt ja nicht anders. Yennefer hingegen ist viel zu soft und Anya Chalotra schafft es leider nur bedingt, eine hochnäsige ***** hohen Alters im Körper einer jungen Frau (und mit weichem Kern) darzustellen. Da fehlt insbesondere im Spiel mit Cavill die nötige Schärfe, das ist alles viel zu weichgespült. Joey Batey kann bei dem Skript bisher leider auch aus Rittersporn nicht viel rausholen. Die Songs sind zwar ganz nett, aber ansonsten fällt Rittersporn vor allem als eindimensionaler Nervfaktor auf. Vielschichtigkeit scheint generell noch keine große Stärke der Show zu sein, das ist alles ziemlich straight forward.
Naja, wie gesagt, ist halt ziemliches Mittelmaß, das gerade für Leute, die mit der Serie bisher noch gar nichts am Hut gehabt haben und die auch nicht unbedingt die größten Fans von High Fantasy sind, teilweise ziemlich lächerlich und dämlich aussehen muss. Und das ist auch ihr gutes Recht bzw. ist nicht ihre eigene Show. Klar muss nicht jeder alles mögen, aber Witcher macht es einem alleine aufgrund vieler handwerklicher Fehler recht leicht, es nicht zu mögen.
Aber es gibt wohl genügend Fans (insbesondere der Spiele), die schon damit zufrieden sind, dass es überhaupt eine neue Fantasy-Serie bzw. eine Witcher-Serie gibt, die nicht ganz furchtbar ist. Ich halte die aktuellen Fan-Wertungen jedenfalls für ziemlich überzogen. Vielleicht ändert sich die allgemeine Einschätzung ja aber noch, wenn die erste Begeisterung verflogen ist und man das alles mit einer etwas weniger rosa Brille und ganz nüchtern betrachtet...